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    Samstag: Erzbahn Kiruna-Narvik

    Es war nun Samstag, als ich mit der Erzbahn nach Narvik fuhr. Sie wurde gebaut, um das Eisenerz von Kiruna in Schweden zum eisfreien Hafen in Norwegen zu transportieren. Auf der schwedischen Seite heißt sie Malmbahn, auf der norwegischen wird sie Ofotenbahn genannt. Die gute Zugänglichkeit des Hafens begründet sich durch den warmen Golfstrom, der vom Atlantik bis an die norwegische Küste reicht.

    Loks am Bahnhof Kiruna

    Nach einem guten Frühstück lief ich zum Bahnhof. Der Zug verspätete sich um knapp zehn Minuten. Es war ein Nachtzug, der von Stockholm kam. Ich hatte einen Fensterplatz gebucht und musste feststellen, dass er halb durch eine Wand verdeckt war. Da noch genug Plätze frei waren, setzte ich mich woanders hin. Aber die Fenster spiegelten sehr, sodass ich nicht richtig fotografieren konnte. Auch war das Abteil mit jungen Leuten ziemlich besetzt. Ich ging dann in ein kleineres Abteil, das fast frei war und wo ich auch ungestört die Fenster aufmachen konnte.

     Kaisepakte rund 75 Kilometer nordwestlich von Kiruna

    Von hier boten sich mir fantastische Aussichten. Der Zug fuhr durch eine einsame Landschaft, die allmählich bergiger wurde. Auf den Gipfeln lag noch etwas Schnee. Nach längerer Fahrt befand sich der nächste Halt in dem Ferienort Abisko. Er liegt am Rande des riesigen Sees Torneträsk. Ich hätte schon Lust gehabt, dort auszusteigen und mir die Landschaft und das Ufer genauer anzusehen, doch ich wollte den Rest der Bahnstrecke auf keinen Fall verpassen.

     Torneträsk bei Abisko

    Und das sollte sich lohnen. Die Berge wurden immer höher, der Schnee immer mehr. Nach den Zwischenhalten Abisko Turiststation, Björkliden und Katterjaakk kam der Zug in Riksgränsen an. Der kleine Ort befindet sich an der schwedisch-norwegischen Grenze. Sogar jetzt im Juni war der benachbarte See noch halb gefroren. Davon ließen sich die Urlauber nicht abhalten, denn der Campingplatz war gut belegt. Die Szenerie wirkte wie am Nordpol.

     Riksgränsen

    In einem Tunnel passierte der Zug nun die Grenze. Eine Viertelstunde nach Riksgränsen und eine halbe Stunde vor Narvik kommt noch ein Halt in dem Ort Katterat. Noch eine Weile fährt man über ein Hochplateau, durch eine eisige Landschaft mit wenigen Hütten, bis es schließlich grüner wird. Ein großes Tal mit einem Flusslauf tat sich unter uns auf.

     Bergwelt in Norwegen

    Dieser fließt in den Rombaksfjord, der bei Narvik in den Ofotfjord mündet. Dieser norwegische Abschnitt ist fast der schönste, da er großartige Aussichten bietet. Die ganze Zeit, während der Zug über dem Fjord entlangfuhr, begleitete uns auf diesem ein Motorboot. Immer freundlicher wurde es, wärmer und sonniger. Der Einfluss des Golfstroms machte sich bemerkbar.

     Rombaksfjord

    In Narvik herrschte T-Shirt-Wetter. Ich nutzte den kurzen Aufenthalt, um eine Erkundungstour zum Jachthafen zu machen. Ich hatte mir vorher schon einen Stadtplan aus dem Internet ausgedruckt, mit dem ich mich gut zurecht fand. Was ich noch wusste war, dass die Stadt im Zweiten Weltkrieg von Deutschen besatzt und komplett zerstört wurde. Ich hatte mich deshalb vorbereitet, dass Deutsche dort nicht besonders beliebt sind. Weil ich aber keinen Kontakt zu den Einwohnern hatte, war es gar nicht so wichtig.

    Denkmal für die gefallenen polnischen Marinesoldaten

    Auf dem Hügel über dem Jachthafen entdeckte ich ein großes Denkmal für 59 polnische Marineangehörige, die 1940 bei den Freiheitskämpfen um Narvik ihr Leben verloren. Ich bemerkte aber auch, dass in der Stadt viele deutsche Autos fuhren, sodass die Deutschen offenbar nicht bei allen Menschen in Missgunst stehen. Der Spaziergang rund um den Hafen war wunderschön. Oben die schneebedeckten Berge, unten das blaue Wasser, dann der strahlend blaue Himmel und die Sonne.

     Malerische Szene am Hafen

    Und es war schon viel mehr Frühling als in Kiruna. Westlich des Jachthafens traf ich auf einen Weg, der durch eine grün sprießende Pflanzenwelt führte. Nach all dem Eis, das ich auf der Zugfahrt gesehen hatte, wähnte ich mich hier in einer Oase. Am Beginn des Weges liegt ein kleiner Strand, der aus Kies- und Geröllsteinen besteht. Dort befand sich eine Bank, und von den umliegenden Felsen hatte ich ein sehr gutes Panorama auf den Ofotfjorden. Ich lief weiter und kam zu einem anderen Strand. Dort standen ein paar Stühle herum, so wie wenn hier gerade noch jemand gesessen hätte. Aber weit und breit war niemand zu sehen. Ich lief noch ein kurzes Stück bis zu einer Biegung und kehrte dann um.

     Kleiner Strand mit Blick auf den Ofotfjorden

    Narvik ist mit gut 18.000 Einwohnern ungefähr so groß wie Kiruna, auf der einen Seite sehr übersichtlich, auf der anderen auch sehr abwechslungsreich. Rund um den Hafen war es an diesem Samstagnachmittag recht leer. Ich hätte mir mehr Touristen erwartet, denn hier ist es wirklich gemütlich. Ein einsamer und abgelegener Ort nördlich des Polarkreises, an dem die Zeit irgendwie stehen geblieben ist. Und doch haben die Einwohner ihre Strukturen, ihre Rituale, ihren Alltag. Gleich in der Nähe zum Bahnhof befindet sich ein großes Einkaufszentrum, wo man schon wieder sieht, dass Narvik eben doch nicht auf dem Mond liegt.

     Bahnhof Narvik

    Auf der Rückfahrt konnte ich nochmal die landschaftlichen Besonderheiten in Augenschein nehmen. Wieder war mein Sitzplatz, der als Fenster gebucht war, von einer Wand verdeckt. Aber es war noch etwas leerer als auf der Hinfahrt. Einmal musste der Zug auf freier Strecke für längere Zeit halten, fuhr dann zurück und stoppte in einem Tunnel noch dreimal. Ein Grund wurde nicht angesagt. Doch die schönen Erlebnisse ließen mich über das hinwegblicken. Je näher der Zug dem Landesinneren kam, desto mehr nahm die Bewölkung zu. In Kiruna stiegen dann viele Fahrgäste zu. Ich stieg aus und lief in aller Ruhe zurück zu meiner Ferienanlage.

     Zug vor der Abfahrt

    Am Abend hatte ich noch ein schönes Erlebnis. Ich lag schon im Bett, aber das Licht war noch hell und einladend. Eine halbe Stunde vor Mitternacht bin ich noch in die Natur gelaufen. Ich folgte dem so genannten Midnight Sun Trail und schaute mir die Sonne hinter den Bergen an. Einfach unvergesslich, denn solch ein Spektakel sieht man wirklich nur in den nördlichen Breiten. Mir war gewiss, so eine Chance habe ich so schnell nicht wieder.

     Blick auf den Jukutusjärvi um Mitternacht

    Die Mitternachtssonne gefiel mir. Tagsüber war ich nicht so müde. Ich schätze, der Körper tankt durch die nächliche Bestrahlung Energie und die Lebensgeister werden geweckt.
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